Franz starrte auf den Bildschirm. Tausende Tweets, eine Flut an Informationen. “Der schnellste Weg, alle Seiten zu sehen“, hatte er einmal gelesen. Aber war das wirklich so? War diese Flut an Daten ein Segen oder eher ein Fluch? Er fühlte sich erdrückt, verloren in diesem digitalen Meer.
Kommissar Franz Schmidt seufzte und rieb sich die müden Augen. Der Mordfall war kompliziert, voller verwirrender Spuren und blinden Gassen. Und dann war da noch Kommissarin Sophie Weber. Sie war so konzentriert auf den Fall, dass sie seine Blicke gar nicht zu bemerken schien.
“Franz, hast du schon was Neues?”, fragte Sophie, ihre Stimme kühl und professionell.
“Ähm, nein, noch nicht”, stotterte Franz, innerlich fluchend. Er hasste es, dass er in ihrer Gegenwart so nervös wurde. “Aber ich glaube, wir sollten uns die Tweets des Opfers nochmal ansehen.”
Sophie warf ihm einen skeptischen Blick zu. “Twitter? Meinst du, das bringt uns weiter?”
“Vielleicht”, murmelte Franz. “Das Opfer war bekannter Verschwörungstheoretiker, er hatte tausende Follower. Vielleicht hat er ja jemandem mit seinen Tweets auf die Füße getreten.”
Widerwillig öffnete Sophie ihren Laptop und tippte den Namen des Opfers, Walter Gruber, ein. Hunderte Tweets erschienen auf dem Bildschirm, voller kruder Verschwörungstheorien über Chemtrails, geheime Regierungsprojekte und außerirdische Lebensformen.
“Na toll”, murmelte Sophie, angewidert den Kopf schüttelnd.
Franz scrollte weiter. Plötzlich blieb er stehen. Ein Tweet vom Vortag fiel ihm ins Auge. Er war harmlos, ein retweetes Katzenvideo. Aber die Person, die es retweetet hatte, war seltsam. Der Name war “Der_Wahre_Aufdecker”, das Profilbild zeigte ein verschwommenes Gesicht mit einem Aluhut. Der Account hatte nur diesen einen Tweet.
“Sophie, schau dir das an”, sagte Franz und deutete auf den Bildschirm.
Sophie beugte sich näher. “Hmm, interessant. Aber könnte das nicht einfach ein weiterer Verschwörungstheoretiker sein?”
“Vielleicht”, gab Franz zu. “Aber was, wenn das mehr ist? Was, wenn Gruber jemandem online auf die Füße getreten ist, der gewalttätig geworden ist?”
Sophie nickte langsam. “Das ist eine Möglichkeit. Aber wir brauchen mehr Beweise. Kannst du die IP-Adresse des Accounts zurückverfolgen?”
Franz lächelte verhalten. “Darum kümmere ich mich.”
Die nächsten Stunden verbrachte Franz vor seinem Computer. Die Spur des “Wahren_Aufdeckers” war kalt. Die IP-Adresse war anonym, der Account längst gelöscht. Frustration stieg in ihm auf.
“Nichts?”, fragte Sophie, die irgendwann in sein Büro gekommen war.
“Nein”, brummte Franz und fuhr sich durch die Haare. “Aber ich gebe nicht auf.”
Sophie musterte ihn mit einem seltsamen Blick. “Soll ich dir helfen?”, fragte sie.
Franz’ Herz hüpfte. War das… Interesse? Vielleicht? “Ja, bitte”, sagte er schnell. “Jede Hilfe ist willkommen.”
Sophie setzte sich neben ihn an den Computer. In den nächsten Stunden arbeiteten sie Seite an Seite, konzentriert auf den Fall. Die anfängliche Spannung wich allmählich einer seltsamen Vertrautheit. Franz genoss es, mit Sophie zu arbeiten, doch der Gedanke, dass sie seinen Gefühlen nicht einmal ansatzweise erwiderte, drückte schwer auf ihm.
Gegen Morgengrauen entdeckte Sophie endlich einen Anhaltspunkt. Ein winziger Fehler in dem gelöschten Tweet, ein pixelverschobener Buchstabe. Genug, um eine Spur zu einer rechtsextremen Chatgruppe zu verfolgen.
“Franz, ich glaube, ich habe was”, sagte Sophie, ihre Stimme voller Aufregung.
Franz sah sie an, Hoffnung und Freude kämpften in ihm mit der Angst vor einer erneuten Enttäuschung. “Das ist großartig, Sophie”, sagte er und versuchte, seine Stimme ruhig zu halten.
“Franz…”, begann Sophie, zögernd. “Hast du jemals daran gedacht, dass der Mörder vielleicht gar nicht online zu finden ist?”
Franz war sprachlos. Hatte sie das gerade… seinen Namen gesagt? Oder hatte er sich das nur eingebildet? Hatte er endlich eine Chance, ihr näher zu kommen?
“Ähm, nein”, stotterte er. “Aber du hast recht, wir sollten auch alle anderen Spuren verfolgen.”
Sophie nickte und kehrte zum Bildschirm zurück. Die Suche ging weiter. Franz sah ihr zu und hoffte. War das der Beginn von etwas Neuem? Oder würde er für immer nur der Kommissar sein, der vergeblich nach der Aufmerksamkeit seiner Kollegin haschte? Die Antwort würde die Zeit bringen.
Alle Personen und Ereignisse in diesem Werk sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit realen, lebenden oder verstorbenen Personen oder tatsächlichen Ereignissen sind rein zufällig.
Last Updated on October 11, 2024
by Wort des Tages